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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 27.09.2006
Aktenzeichen: 15 W 98/06
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 24
WEG § 29
1) Dem Mitglied des Verwaltungsbeirates, welches nicht zugleich Wohnungseigentümer ist, steht ein Anwesenheitsrecht in der Eigentümerversammlung jedenfalls in dem Umfang zu, in dem der Aufgabenbereich des Verwaltungsbeirates betroffen ist.

2) Dies gilt auch für die Beschlussfassung über eine Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund, wenn der Abberufungsgrund maßgebend auf eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen ihm und dem Verwaltungsbeirat gestützt wird.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 98/06 OLG Hamm

In der Wohnungseigentumssache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 27. September 2006 auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 10. März 2006 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 24. Februar 2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Gegenstandswert für das Verfahren dritter Instanz wird auf 21.926,80 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1) war durch Beschluss der Eigentümerversammlung vom 27.10.2001 für die Zeit vom 1.3.2002 bis zum 28.2.2005 zur Verwalterin der oben bezeichneten Wohnungseigentumsanlage bestellt worden. Im Verwaltervertrag vom 30.12.2002/7.1.2003 war bestimmt:

"§ 1

1. [...]

2. Eine vorzeitige Abberufung des Verwalters durch die Wohnungseigentümerversammlung ist nur aus wichtigem Grund möglich.

§ 2

1. Der Verwaltervertrag wird fest auf die Dauer der Bestellung des Verwalters gem. § 1 Nr. 1 des Vertrages abgeschlossen. [...]

2. Der Verwaltervertrag kann für die Zeit der Bestellung des Verwalters von den Wohnungseigentümern und von dem Verwalter nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Der wichtige Grund ist schriftlich zu begründen."

Am 1.4.2004 überwies sich die Beteiligte zu 1) das gesamte Verwalterhonorar für die Zeit von Mai 2004 bis Februar 2005 in Höhe von 21.926,80 € auf ein eigenes Konto. Im Verwaltervertrag, § 6 Nr. 1, war eine monatliche Vorauszahlung vorgesehen.

In der Eigentümerversammlung vom 8.5.2004 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, die Beteiligte zu 1) als Verwalterin abzuberufen und den Verwaltervertrag mit sofortiger Wirkung zu kündigen, da das Verhältnis der Eigentümer zur Beteiligten zu 1) zerrüttet sei (TOP 9). Zugleich wurde die Firma J GmbH zur neuen Verwalterin bestellt. Ferner wurde Herr Rechtsanwalt Dr. J2 in den Verwaltungsbeirat gewählt. Auf Antrag der Beteiligten zu 1) erklärte das Amtsgericht durch Beschluss vom 21.12.2004 (28 II 39/04 WEG) den Beschluss über die Abberufung der Beteiligten zu 1) und die Kündigung des Verwaltervertrages für unwirksam. Im übrigen ist der Beschluss bestandskräftig geworden.

Unter dem Datum 4.6.2004 schrieb die Beteiligte zu 1) eine größere Zahl der Wohnungseigentümer an. In dem Schreiben heißt es u.a.

"Frau W ging soweit, dass sie einen gefälschten Strafregisterauszug meiner Person einem ihrer Schreiben beifügte."

"Auf der Versammlung in diesem Jahre sind von einigen Eigentümern, die sich allesamt mit Frau W gegen uns verbündet haben, nachweislich gefälschte Vollmachten vorgelegt worden [...]."

"Wie geschehen ist ein einziges Mitglied dazu in der Lage, mit unlauteren Maßnahmen eine große Gemeinschaft wie die ihre, vollends zu spalten, zu verwirren und mit bewussten Manipulationen einen Platz innerhalb der WEG zu erhalten, die unseres Erachtens nicht von einer Dame, die ehedem auch bereits in ihrer Wohnanlage der Prostitution nachgegangen ist, eingenommen werden dürfte."

Zu diesem Zeitpunkt war die Wohnungseigentümerin Frau W Vorsitzende des Verwaltungsbeirats der Wohnungseigentumsanlage.

Mit Schreiben vom 14. Juli 2004 lud die Firma J zu einer außerordentlichen Eigentümerversammlung am 30.7.2004 ein, u.a. zu dem Tagesordnungspunkt 3:

"Bestätigung des Beschlusses über die Abwahl des WEG-Verwalters Fa. N2 & L2 OHG/Herrn N2 auf der Eigentümerversammlung vom 8.5.2004 [...] Hilfsweise erneute Kündigung des Verwaltervertrags mit der Fa. N2 & L2 OHG/Herrn N2 wegen wichtiger Gründe und mit sofortiger Wirkung."

An der Eigentümerversammlung am 30.7.2004 nahm zumindest zeitweise auch Herr Rechtsanwalt Dr. J2 teil, ihm wurde jedenfalls zu TOP 3 vom Versammlungsleiter das Wort übergeben. Zu diesem Zeitpunkt hatte Herr Dr. J2 mit notariellem Vertrag vom 15.12.2003 1/10 des Miteigentumsanteils der Frau W erworben, die Eigentumsumschreibung erfolgte aber erst am 17.11.2004.

Mehrheitlich fassten die Beteiligten zu 2) zu TOP 3 den Beschluss, die Beschlussfassung vom 8.5.2004 in Bezug auf die Abwahl der Beteiligten zu 1) mit sofortiger Wirkung zum 8.5.2004 sowie die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages zu bestätigen, hilfsweise, die Beteiligte zu 1) mit sofortiger Wirkung zum 30.7.2004 abzuberufen und den Verwaltervertrag fristlos mit Wirkung zum 30.7.2004 zu kündigen. Eine Aufstellung der Kündigungsgründe wurde als Anlage zum Protokoll genommen. Darin ist u.a. aufgeführt:

"Verdacht der Begehung von Straftaten zu Lasten zweier Verwaltungsbeiratsmitglieder (Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, Falschverdächtigung)"

Die erfolgte vorzeitige Überweisung des Verwalterhonorars war in der Liste nicht aufgeführt.

Die Beteiligte zu 1) hat beantragt, die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 30.7.2004 zu TOP 3 für ungültig zu erklären. Sie hat hierzu geltend gemacht: Die Einladung sei bereits unwirksam, da die Firma L nicht wirksam zur Verwalterin bestellt worden sei. Die Teilnahme von Rechtsanwalt Dr. J2 habe gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit verstoßen. Auch habe kein wichtiger Grund für eine Kündigung vorgelegen. Die in der Anlage zum Protokoll enthaltenen Gründe seien nicht hinreichend konkret benannt und unzureichend belegt und in der Sache auch nicht berechtigt.

Die Beteiligten zu 2) sind dem Antrag entgegengetreten und haben geltend gemacht: Rechtsanwalt Dr. J2 habe auf Bitten der Verwalterin und des Verwaltungsbeirates nur kurz, nämlich zu TOP 3, an der Versammlung teilgenommen. Im übrigen sei er als Mitglied des Verwaltungsbeirates und "werdender" Wohnungseigentümer zur Teilnahme berechtigt gewesen. Abberufung und Kündigung seien auch durch das Vorliegen wichtiger Gründe gerechtfertigt, insbesondere auch durch die ehrverletzenden Äußerungen gegenüber der Beiratsvorsitzenden Frau W.

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 17.5.2005 die Beschlüsse vom 30.7.2004 zu TOP 3 für ungültig erklärt. Die Beteiligten zu 2) haben hiergegen rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat mit den Beteiligten am 17.1.2006 mündlich verhandelt und darauf hingewiesen, dass nach ihrer Auffassung Rechtsanwalt Dr. J2 als Beiratsmitglied zur Teilnahme an der Eigentümerversammlung berechtigt gewesen sei. Nachdem ein Vergleichsvorschlag gescheitert war, hat das Landgericht angekündigt, nach Ablauf einer Wartefrist von 3 Wochen zu entscheiden. Mit Beschluss vom 24.2.2006 hat das Landgericht dann in Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts den Antrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Mit Anwaltsschriftsatz vom 10.3.2006 hat die Beteiligte zu 1) sofortige weitere Beschwerde eingelegt, der die Beteiligten zu 2) entgegengetreten sind.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist statthaft (§ 43 Abs. 1 Nr. 2, 4, § 45 Abs. 1 WEG, §§ 27, 29 FGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt. Ihre Beschwerdebefugnis folgt bereits daraus, dass das Landgericht die erstinstanzliche Entscheidung zu ihrem Nachteil abgeändert und ihren Antrag zurückgewiesen hat.

Ihr Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

Zutreffend ist das Landgericht von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2) ausgegangen. Auch in der Sache hält seine Entscheidung rechtlicher Nachprüfung stand.

Allerdings verfolgt die Beteiligte zu 1) bei sachgerechtem Verständnis des gestellten Antrags nicht nur die Anfechtung des Beschlusses über ihre Abberufung vom Verwalteramt. Vielmehr wendet sie sich daneben auch gegen die - von der Abberufung zu unterscheidende - Kündigung des Verwaltervertrags, die ihr nach dem Inhalt der Beschlussfassung der Eigentümerversammlung gleichzeitig mit der Abberufung aus dem Verwalteramt ausgesprochen worden ist. Die Beteiligte zu 1) hat hinsichtlich der Kündigung geltend macht, der Verwaltervertrag sei nicht beendet worden, weil es an den Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung fehle. Damit wendet sie sich bei der gebotenen interessengerechten Auslegung ihres Antrags nicht gegen die Gültigkeit des Beschlusses der Wohnungseigentümer zur Kündigung des Verwaltervertrags, sondern fordert die Überprüfung der materiellen Voraussetzungen eines Kündigungsrechts. Für eine nach § 23 Abs. 4 WEG fristgebundene Anfechtung des Beschlusses über die Kündigung des Verwaltervertrags bestünde nämlich kein Rechtsschutzinteresse (vgl. BGH, NJW 2002, 3240/3241; MüKo-BGB/Engelhardt, 4. Aufl., § 43 WEG, Rn. 15). Denn einerseits bringt der Beschluss als Ergebnis einer internen Willensbildung nur die Auffassung der Wohnungseigentümer zum Ausdruck, dass ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt und deshalb der Verwaltervertrag beendet werden soll; für die Berechtigung der Kündigung selbst ist der Beschluss hingegen ohne Bedeutung (vgl. BGH, a.a.O.; BayObLGZ 1998, 310). Andererseits wäre der angefochtene Beschluss bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Ungültigkeitserklärung im Anfechtungsverfahren wirksam und beachtlich, so dass die auf seiner Grundlage ausgesprochene Kündigung des Verwaltervertrags, das Vorliegen eines Kündigungsgrundes vorausgesetzt, wirksam wäre (vgl. Senat, NJW-RR 1997, 523). Zur Geltendmachung der Unwirksamkeit der Kündigung ist für die Antragstellerin daher vielmehr das Feststellungsverfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO eröffnet (BGH, a.a.O.).

Beide Anträge sind zulässig. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Beteiligte zu 1) in entsprechender Anwendung des § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG zur Anfechtung des Abberufungsbeschlusses befugt ist und insoweit auch ein Rechtsschutzbedürfnis hat. Die Rechtsprechung (vgl. BGH Z 106, 113; NJW 2002, 3240/3242; KG, ZMR 1997, 610; Senat, NJW-RR 1997, 523) billigt dem abberufenen Verwalter ein Anfechtungsrecht zu, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, seine durch die Abberufung ggf. zu Unrecht entzogene Rechtsstellung zurückzugewinnen. Das der Beteiligten zu 1) als Anfechtungsbefugter regelmäßig zustehende Rechtsschutzinteresse (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 43 Rdn. 97 a) ist vorliegend nicht durch den Ablauf der Amtszeit am 28.2.2005 entfallen. Der abberufene Verwalter kann gegen seine Abberufung auch noch nach Ablauf seiner Amtszeit vorgehen. Die Ungültigerklärung eines solchen Beschlusses führt zwar nicht mehr dazu, dass er die Organstellung zurückgewinnt, sie hat aber im allgemeinen noch Bedeutung für den Umfang des vertraglichen Vergütungsanspruchs (vgl. KG FGPrax 1997, 218; BayObLG NZM 2002, 300; Senat, NZM 1999, 227).

Auch der von der Antragstellerin verfolgte Feststellungsantrag ist zulässig (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG analog); insbesondere liegt das entsprechend § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor. Zur Wahrung ihrer vertraglichen Vergütungsansprüche ist die Antragstellerin darauf angewiesen, die Wirksamkeit der Vertragsbeendigung gerichtlich überprüfen zu lassen. Für die hier zu klärende Frage der Wirksamkeit der Kündigung entfaltet die Anfechtung des Abberufungsbeschlusses keine vorgreifliche Wirkung (vgl. BGH, a.a.O.; BayObLGZ 1998, 310; OLG Köln, NJW-RR 2001, 159, Senat, NJW-RR 1997, 523). Das Feststellungsinteresse entfällt auch nicht deswegen, weil die Beteiligte zu 1) sich die Verwaltervergütung in Höhe von 21.926,80 € für die Zeit bis zum 28.2.2005 bereits vorab am 1.4.2004 auf ein eigenes Konto überwiesen hatte. Denn die Beteiligte zu 1) hat ein berechtigtes Interesse an der Klärung, ob ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Vergütung besteht.

Die sofortige weitere Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da sowohl die Abberufung als auch die Kündigung des Verwaltervertrages aus wichtigem Grund gerechtfertigt waren.

1. Der in der Eigentümerversammlung vom 30.7.2004 zu Tagesordnungspunkt 3 gefasste Beschluss ist nicht aus formellen Gründen unwirksam.

Im Ergebnis zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Einberufung durch Firma L GmbH wirksam erfolgt ist. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die in einer Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse nicht allein aus dem Grund für ungültig erklärt werden können, weil die Bestellung des die Versammlung einberufenden Verwalters später rückwirkend beseitigt wird (BayObLG NJW-RR 1991, 531; Senat, OLGZ 1992, 309; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 23 Rdnr. 168 m.w.N.). Diese Auffassung findet ihre Grundlage in einer entsprechenden Anwendung des § 32 FGG (Senat, a.a.O.).

Der Beschluss ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung für ungültig zu erklären. Beschlüsse der Eigentümerversammlung nach § 23 Abs. 1 WEG, die unter Verstoß gegen das Prinzip der Nichtöffentlichkeit zu Stande kommen (BGHZ 121, 236 = NJW 1993,1329; BayObLG, NZM 2002, 616 = NJW-RR 2002,1307), sind auf Antrag nach § 23 Abs. 4 WEG für ungültig zu erklären, wenn sich die Ursächlichkeit des Verstoßes nicht ausschließen lässt (KG, NJW-RR 1997, 1171; BayObLG, NZM 2004, 388). Die Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung hat den Zweck, diese von sachfremden Einwirkungen freizuhalten. Die Wohnungseigentümer sollen in ihrer Versammlung auftretende Meinungsverschiedenheiten dort grundsätzlich allein unter sich austragen. Außenstehende Dritte sollen nicht auf den Ablauf der Versammlung und dadurch womöglich auf die Meinungsbildung der Wohnungseigentümer Einfluss nehmen können (BGH a.a.O.; BayObLG, NZM 2004, 388).

Der jetzige Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2), Herrn Rechtsanwalt Dr. J2, war zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung am 30.7.2005 zwar noch nicht selbst Eigentümer. Ob sich ein Anwesenheitsrecht für ihn aus einer Rechtsposition als "werdender" Eigentümer ergab, erscheint mit Blick auf die Entscheidung des BGH Z 106, 113 = NJW 1989, 1087 fraglich, bedarf hier aber keiner abschließenden Klärung.

Das Landgericht ist jedenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass Herrn Rechtsanwalt Dr. J2 deswegen ein Recht zur Teilnahme an der Eigentümerversammlung am 30.7.2005 zugestanden habe, weil der durch Beschluss vom 8.5.2004 (Tagesordnungspunkt 8) zum Verwaltungsratsmitglied bestellt worden sei. Zu Recht hat die Kammer in diesem Zusammenhang zunächst angenommen, dass der Beschluss über die Bestellung nicht wegen Verstoßes gegen § 29 Abs. 1 S. 2 WEG nichtig ist, da es sich insoweit lediglich um eine Einzelfallentscheidung handelt (vgl. BayObLG, NZM 2002, 529).

Der Senat teilt auch die Auffassung der Landgerichts, dass einem Mitglied des Verwaltungsbeirates, welches nicht zugleich Wohnungseigentümer ist, in der Eigentümerversammlung jedenfalls in dem Umfang ein Anwesenheitsrecht zusteht, als der Aufgabenbereich des Verwaltungsbeirats betroffen ist (vgl. Palandt/Bassenge, 65. Aufl., § 24 Rn. 15; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 24 Rn. 45; Rieke/Schmid/Abramenko, WEG, § 29 Rn. 31; Drasdo, Die Eigentümerversammlung nach dem WEG, 3. Aufl., Rn. 136; für ein generelles Teilnahmerecht: Staudinger/Bub, BGB, Stand: 2005, § 24 WEG, Rn. 57 und § 29 WEG Rn. 112; offengelassen von BayObLG, NJW-RR 1988, 270; ein Teilnahmerecht grundsätzlich ablehnend: Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 24 Rn. 90 (insoweit in Widerspruch zu Rn. 45); Schmidt, ZWE 2004, 18/23) Denn unabhängig von der Frage, ob in einem solchen Fall eine Pflicht zur Ladung besteht (insoweit verneinend BayObLG, a.a.O.), ist die Teilnahme an der Versammlung häufig zweckmäßig. Es dient der sachgerechten Erfüllung der dem Verwaltungsbeirat obliegenden Aufgaben, wenn er zu Fragen, die seinen Aufgabenkreis betreffen, auch unmittelbar in der Eigentümerversammlung Stellung nehmen und auf Nachfragen Erläuterungen abgeben kann, zumal § 29 Abs. 3 WEG nicht vorschreibt, dass die dort vorgesehene Stellungnahme schriftlich zu erfolgen hat.

Die Beschlussfassung zu TOP 3 betraf vorliegend auch den Aufgabenbereich des Verwaltungsbeirates. Dieser ergibt sich, da die Teilungserklärung keine Regelungen zu dieser Frage enthält, aus § 29 Abs. 2 und 3 WEG. Danach kommt dem Verwaltungsbeirat die Aufgabe zu, den Verwalter zu unterstützen und seine Tätigkeit in bestimmten Bereichen zu überwachen und zu kontrollieren. Ergibt sich bei der Erfüllung dieser Aufgaben, dass - wie hier - aus Sicht des Verwaltungsbeirats erhebliche Beanstandungen hinsichtlich der Tätigkeit des Verwalters zu erheben sind und das Vertrauensverhältnis zum Verwalter in einem Ausmaß zerrüttet ist, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint, dann umfasst es die Wahrnehmung der dem Verwaltungsbeirat zugewiesenen Aufgaben, die Eigentümerversammlung über die Beanstandungen und das Zerwürfnis zu informieren, um eine Entscheidung über eine Abberufung des Verwalters zu ermöglichen.

Die Teilnahme von Rechtsanwalt Dr. J2 an der Eigentümerversammlung vom 30.7.2004 erweist sich somit, jedenfalls soweit es die Beschlussfassung über die Abberufung der Beteiligten zu 1) betrifft, als rechtmäßig. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob sich sein Diskussionsbeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt in allen Einzelheiten im Rahmen des Aufgabenbereichs des Verwaltungsbeirates hält. Denn dieser ist im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit seiner Teilnahme nicht anders zu bewerten, als hätten die anwesenden Wohnungseigentümer inhaltsgleich in derselben Weise zur Diskussion beigetragen. Die Anfechtbarkeit eines Eigentümerbeschlusses kann sich indessen nur aus dem sachlichen Inhalt der getroffenen Regelung, nicht jedoch aus den der Beschlussfassung vorausgehenden Diskussionsbeiträgen ergeben (Senat, Beschl. v. 10.11.2005 - 15 W 327/05).

Im Ergebnis zutreffend ist das Landgericht weiter davon ausgegangen, dass eine Abberufung der Beteiligten zu 1) nur aus wichtigem Grunde möglich war. Ob dies bereits aus § 14 Ziff. 2 der Teilungserklärung folgt oder ob sich aus dem systematischen Zusammenhang nicht ergibt, dass eine ordentliche Abberufung nur für die Dauer der Amtszeit der in der Teilungserklärung selbst in Ziff. 1 bestellten Verwalterin gelten sollte, kann offen bleiben. Jedenfalls konnte die Beschränkung nach § 26 Abs. 1 S. 3 WEG auch, wie geschehen, wirksam im Verwaltervertrag erfolgen (vgl. MüKo-BGB/Engelhardt, a.a.O., § 26 Rn. 11; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 26 Rn. 8).

Ein wichtiger Grund zur Abberufung des Verwalters ist gegeben, wenn den Wohnungseigentümern unter Beachtung aller Umstände nach Treu und Glauben ein weitere Zusammenarbeit nicht mehr zuzumuten ist, insbesondere durch diese Umstände das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist (BGH NZM 2002, 788/790; Senat, NZM 2002, 295; NJW-RR 2004, 805). Von einem zur vorzeitigen Abberufung berechtigenden wichtigen Grund kann auch dann auszugehen sein, wenn eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Verwalter und dem Verwaltungsbeirat nicht mehr möglich ist (BayObLGZ 1998, 310 = FGPrax 1999, 20; NZM 2000, 510; OLG Frankfurt, NJW-RR 1988, 1169). Der Verwalter ist bei Erledigung der ihm nach § 27 WEG und dem Verwaltervertrag obliegenden Aufgaben in besonderem Maße auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat angewiesen. Dieser hat ihn nämlich bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen (§ 29 Abs. 2 WEG) und insbesondere den Wirtschaftsplan, die Abrechnung über den Wirtschaftsplan, Rechnungslegungen und Kostenanschläge zu überprüfen und mit seiner Stellungnahme zu versehen (§ 29 Abs. 3 WEG). Hat jedoch der Verwaltungsbeirat das Zerwürfnis in vorwerfbarer Weise herbeigeführt, kann die Abberufung gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen (BayObLG, NZM 2000, 510; Bärmann/Pick, WEG, 16. Aufl., § 26 Rn. 34 a.E.).

Die Kammer hat hierzu ausgeführt, ein solches Verhalten, das eine zukünftige Zusammenarbeit zwischen der Beteiligten zu 1) und dem Verwaltungsbeirat unzumutbar mache, sei in der Behauptung der Beteiligten zu 1) in ihrem Schreiben vom 4.6.2004 zu sehen, die Vorsitzende des Verwaltungsbeirates, Frau W, sei der Prostitution nachgegangen. Unabhängig davon, ob Frau W ihrerseits zu dem Zerwürfnis beigetragen habe, gehe dieses Schreiben jedenfalls über eine möglicherweise berechtigte Reaktion hinaus. Wegen der Massivität des Vorwurfs und des fortgeschrittenen Zerrütungsverhältnisses sei auch eine Abmahnung nicht erforderlich gewesen.

Ob ein wichtiger Grund im Sinne des § 26 Abs. 1 S. 3 WEG vorliegt, ist sowohl Tat- als auch Rechtsfrage; es handelt sich um einen sog. unbestimmten Rechtsbegriff. Dadurch ist die Nachprüfung der tatsächlichen Verhältnisse dem Gericht der weiteren Beschwerde grundsätzlich verwehrt; es kann die Feststellung und Würdigung der objektiven und subjektiven Tatsachen durch das Landgericht nur dahin prüfen, ob der Tatrichter den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG), bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 25 FGG) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen die Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat. Ob die so einwandfrei festgestellten Tatumstände in ihrer Gesamtheit die Merkmale des unbestimmten Rechtsbegriffs eines "wichtigen Grundes" erfüllen, ist jedoch eine Rechtsfrage, die der unbeschränkten Nachprüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegt (Keidel/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl. § 27 Rdnr. 27 m.w.N.). Dieser Nachprüfung hält die Entscheidung des Landgerichts stand.

Die von der Rechtsbeschwerde erhobene Rüge der Verletzung der Hinweispflicht und des rechtlichen Gehörs greift nicht durch. Die Kammer hatte in der mündlichen Verhandlung vom 17.1.2006 bereits zu erkennen gegeben, dass sie von einer berechtigten Teilnahme von Herrn Rechtsanwalt Dr. J2 an der Eigentümerversammlung vom 30.7.2004 ausgehe. Zugleich hat sie für den Fall, dass es nicht noch zu einer vergleichsweisen Einigung komme, eine Entscheidung in Aussicht gestellt. Hierdurch war für die Beteiligte zu 1) ohne weiteres erkennbar, dass die Kammer den Eigentümerbeschluss nicht bereits wegen des Verstoßes gegen das Prinzip der Nichtöffentlichkeit für anfechtbar hielt und dass es deshalb auf die materielle Berechtigung der Abberufung ankommen konnte. Eines ausdrücklichen Hinweises der Kammer bedurfte es unter diesen Umständen nicht mehr.

Zudem legt die Rechtsbeschwerde nichts dar, was auf einen entsprechenden Hinweis des Landgerichts vorgetragen worden wäre, das eine abweichende Beurteilung des Vorliegens eines wichtigen Grundes rechtfertigen würde. Das Schreiben vom 4.6.2004 als solches ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) rechtfertigt der Inhalt des Schreibens ohne weiteres die Annahme eines wichtigen Grunds für eine Abberufung, und zwar unabhängig vom Vorverhalten seitens der Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats. Zwar ist es zutreffend, dass insbesondere seitens der Mitglieder des Verwaltungsbeirates gegen die Amtsführung der Beteiligte zu 1) recht weitgehende und zum Teil auch den Vorwurf strafbaren Verhaltens beinhaltende Beanstandungen erhoben worden sind. Diese Vorwürfe haben aber die konkrete Verwaltungstätigkeit der Beteiligten zu 1) zum Gegenstand. Die von der Beteiligten zu 1) in dem Schreiben an 50 Wohnungseigentümer aufgestellte Behauptung, Frau W sei der Prostitution nachgegangen, steht hingegen in keinerlei erkennbarem sachlichen Zusammenhang mehr zu den seitens des Verwaltungsbeirates erhobenen Vorwürfen, sondern dient offensichtlich allein der persönlichen Diffamierung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Behauptung zutreffend ist oder nicht. Denn nach dem Inhalt des Schreibens ging es der Beteiligten zu 1) ersichtlich nicht darum, die angeschriebenen Wohnungseigentümer über die frühere gerichtliche Auseinandersetzung mit Frau W im Zusammenhang mit der Verwaltung der Wohnanlage J-Str. - 149 in N als (möglichen) persönlichen Hintergrund der aktuellen Streitigkeiten zu informieren. Denn hierzu enthält das Schreiben überhaupt keine Angaben.

Damit hat die Beteiligte zu 1) die Ebene einer sachlichen Auseinandersetzung in einem Ausmaße verlassen, dass sie selbst die Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat zerstört hat, ohne dass es auf die Berechtigung der im übrigen gegen ihre Amtsführung erhobenen Vorwürfe noch ankäme. Angesichts der Schwere des Fehlverhaltens der Beteiligten zu 1) hat das Landgericht zu Recht auch eine vorherige Abmahnung für entbehrlich gehalten.

Anders als die Rechtsbeschwerde vorträgt, ist der Beschluss über die Abberufung ist auch ausdrücklich mit auf diesen Gesichtspunkt gestützt worden, wie sich aus der dem Protokoll beigefügten Aufstellung ergibt, in der auch der "Verdacht der Begehung von Straftaten zu Lasten zweier Verwaltungsbeiratsmitglieder (Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, Falschverdächtigung)" aufgeführt ist. Dass nicht lediglich die Beschlussfassung vom 8.5.2004 bestätigt werden sollte, ergibt sich im übrigen auch daraus, dass hilfsweise die Abberufung und Kündigung mit Wirkung zum Tag der Beschlussfassung Beschlussgegenstand war.

Die Abberufung ist auch rechtzeitig erfolgt. Wegen der Besonderheiten der Willensbildung und Entscheidung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft findet § 626 Abs. 2 BGB keine unmittelbare Anwendung (vgl. Palandt/Bassenge, a.a.O., § 26 WEG, Rn. 15). Abberufung und Kündigung müssen daher nicht innerhalb der Zweiwochenfrist, wohl aber innerhalb angemessener Frist nach Kenntnis vom Abberufungsgrund geschehen (BayObLG NZM 2000, 341; Senat, WuM 1991,218; Beschl. v. 2.5.2006 - 15 W 348/05; Palandt/Bassenge, a.a.O.). Diese bemisst sich danach, in welchem Zeitraum die erforderliche Beschlussfassung der Eigentümerversammlung herbeigeführt werden kann (vgl. OLG Köln, NJWE-MietR 1997, 63). Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend nicht festgestellt werden, dass die Abberufung erst nach Ablauf einer angemessenen Frist erfolgt ist.

Nur zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass die Abberufung als empfangsbedürftige Willenserklärung im Verhältnis zum Verwalter erst mit Zugang wirksam wird (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 26 Rn. 161; MüKo-BGB/Engelhardt, a.a.O., § 26 Rn. 11). Die Abberufung kann die Rechtsstellung als Verwalter daher nicht rückwirkend für eine Zeit vor dem Zugang beseitigen. Insofern ist es ohne rechtliche Bedeutung, dass die Abberufung im Beschluss vom 30.7.2004 zum 8.5.2004, hilfsweise zum 30.7.2004 beschlossen worden ist.

2. Auch der Feststellungsantrag der Beteiligten zu 1) bleibt ohne Erfolg, da der Verwaltervertrag jedenfalls durch die im Beschluss vom 30.7.2004 ebenfalls ausgesprochene fristlose Kündigung beendet worden ist.

Der oben dargestellte wichtige Grund für die Abberufung der Beteiligten zu 1) als Verwalterin rechtfertigt auch die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages nach §§ 675, 626 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2 Ziff. 2 S. 1 des Verwaltervertrages. Mangels eines entgegenstehenden Vortrags der Beteiligten zu 1) kann der Senat davon ausgehen, dass der Beteiligten zu 1) die in dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 30.7.2004 enthaltene Kündigungserklärung auch innerhalb angemessener Frist zugegangen ist. Die Kündigungserklärung ist auch nicht im Hinblick auf die in § 2 Ziff.2 S. 2 des Verwaltervertrages vorgesehene Pflicht zur Angabe des Kündigungsgrundes nach § 125 S. 2 BGB unwirksam. Wie die Beteiligte zu 1) selbst einräumt, ist ihr auch die Anlage zum Protokoll vom 30.7.2004 übersandt worden, in welcher die Kündigungsgründe dargelegt sind. Mögen die Angaben zu den einzelnen Gründen auch eher stichwortartig gehalten sein, so reichen sie jedenfalls hinsichtlich des von der Kammer für ausschlaggebend erachteten Kündigungsgrundes aus, um die Beteiligte zu 1) über die für die Kündigung maßgeblichen Gesichtspunkte zu informieren.

Im Rahmen dieser Entscheidung kann es daher offen bleiben, ob der Verwaltervertrag nicht bereits mit Zugang des Protokolls der Eigentümerversammlung vom 8.5.2004 wirksam gekündigt worden ist. Dies kommt in Betracht, da auch eine aufgrund eines angefochtenen Eigentümerbeschlusses - der bis zur Rechtskraft einer gerichtlichen Ungültigkeitserklärung im Anfechtungsverfahren wirksam und beachtlich war - ausgesprochene Kündigung des Verwaltervertrags wirksam sein kann (vgl. Senat, NJW-RR 1997, 523).

3. Da die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten ohne Erfolg geblieben ist, entspricht es der Billigkeit (§ 47 S. 1 WEG), ihr die Gerichtskosten für das Verfahren dritter Instanz aufzuerlegen. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten (§ 47 S. 2 WEG) hat der Senat keine Veranlassung gesehen von dem Grundsatz abzuweichen, dass in Verfahren nach dem WEG jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat.

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 48 Abs. 3 WEG, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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